Kennst du das? Für den Urlaub schnell noch einen Business Buch aussuchen, in die Bestellerlisten sehen – und erst mal skeptisch sein. Das ist doch alles gekauft, denkst du dir, nur Werbung in einem anderen Format. Also schaue ich lieber bei den Kundenbewertungen und in den Business-Blogs nach. Zwei Kommentare überzeugen mich sofort und ich kaufe. So kaufe ich eigentlich immer. Und du? Es gibt einen starken Wandel beim Auslösen von Kaufimpulsen. Den hat man in den Marketingagenturen auch bemerkt und begegnet der Situation unter dem Label „Empfehlungsmarketing“.

Empfehlungsmarketing Online Zukunftstrend

Empfehlungsmarketing Definition

Bevor wir tiefer einsteigen folgt hier noch die Definition zum Empfehlungsmarketing laut Wikipedia:

„Unter Empfehlungsmarketing (auch Mundpropaganda, engl. Word of Mouth) bezeichnet, ist ein Instrument der Neukundengewinnung zu verstehen, das durch Mundpropaganda, Bewertungen und Referenzen von Kunden erfolgt. Voraussetzung ist in der Regel, dass der Kunde mit den Leistungen des Anbieters zufrieden ist. Insofern sind eine adäquate Bestandskundenpflege und ein dementsprechendes Loyalitätsmarketing dem Empfehlungsmarketing vorgelagert.

Neben den Kunden eines Unternehmens kommen auch andere Marktteilnehmer als Empfehlende in Betracht. Dies können z. B. Mitarbeiter oder Netzwerkpartner des Unternehmens sein. Die Gewinnung der eigenen Mitarbeiter als positiv Empfehlende ist der Dreh- und Angelpunkt des Empfehlungsmarketing. Netzwerkpartner sind ebenfalls geeignete Empfehler. Sie müssen nicht zwangsläufig selbst eine Erfahrung mit dem Produkt haben, aber von der Leistungsfähigkeit des Anbieters überzeugt sein, also z. B. beratende Ingenieure, Architekten usw.“

 

Empfehlungsmarketing Trend: Social Web

Wenn du eine klassische Kampagne planst, sind die Regeln klar. Du weißt, wie viele Page Views du kriegst, kennst die Conversionrate oder andere Kennzahlen. Wenn etwas nicht in den Zielkorridor läuft, kannst du recht einfach in eine Kampagne eingreifen. Das funktioniert beim Empfehlungsmarketing anders. Wenn du schlechte Reviews auf Produkte bekommst, sind sie meistens nicht zu entfernen. Jeder Versuch wird von den Verbrauchern als Zensur bewertet. Teilweise laufen Empfehlungen auch komplett außerhalb der Zielgruppe oder Zielregion, etwa in Ländern, in denen das Produkt noch gar nicht erworben werden kann. Man kann nur indirekt steuern.

Empfehlungsmarketing Social Media

Produktkäufe auf Empfehlung sind natürlich keine neue Erfindung. Durch das Social Web, also ein Internet, das zunehmend von sozialen Netzwerken durchdrungen ist, ändert sich aber die Verbreitungsgeschwindigkeit und die Verbreitungstiefe von Empfehlungen. Im Unterschied zur gewohnten Mundpropaganda geht Empfehlungsmarketing nur online. Man braucht schnelle Response-Zeiten, intelligente Vernetzung von Produktkatalogen, Blogs und Foren. Kaufimpulse brauchen Networker. Früher eine etwas belächelte Spezies, heute heiß umworben von Unternehmen.

Der Impuls für diese neue Art des Marketings, bei dem Networking der essentielle Bestandteil ist, kommt aus dem enormen Vertrauensverlust in die klassische Werbung. Ein Zahnarzt lächelt mit weißen Zähnen in die Kamera und zeigt die neue Zahnpasta. Sie soll ganz besonders weiße Zähne machen. Glaubst du das wirklich noch? Die direkte Aufzählung von angeblichen Produktvorteilen ist unglaubwürdig und meistens auch noch sehr langweilig. Klassisches Marketing ist Kommunikation in eine Richtung. Mit dem Siegeszug des Social Web ändert sich alles. Wir glauben nur noch anderen Verbrauchern. Networker sind der Schlüssel. Firmen wirken grundsätzlich profitorientiert und sehen den Kunden scheinbar als reine Geldbörse.

Diese Skepsis gegenüber den Positivbotschaften gibt es schon länger. Eine Reaktion darauf ist gewesen, dass Werbung das Produkt nicht mehr in den Mittelpunkt stellt („Witzige Geschichten erzählen“) oder dass Werbung in Events eingebaut wird. Auch das Guerillamarketing, bei dem keine gekauften Werbeflächen verwendet werden, ist nicht nur dem Versuch erwachsen, Geld zu sparen, sondern Vertrauen zu gewinnen.

Virales Marketing
Virales Marketing ist vielleicht einer der Väter oder Mütter des Empfehlungsmarketings. Dort geht es aber in erster Linie darum, möglichst kostengünstig und mit hoher Verbreitungsgeschwindigkeit zu werben. Das Empfehlungsmarketing ist eine Antwort auf die Glaubwürdigkeitskrise der klassischen Werbung. Anstatt zu versuchen, deine Zielgruppe mit immer stärkeren Botschaften doch noch zu überzeugen, ziehst du dich von direkten Botschaften zurück und stimulierst ein Gespräch. In diesem Dialog entstehen Empfehlungen. Das ist ein klarer Wechsel im Paradigma und nicht nur eine der üblichen Trenderscheinungen im Marketing. Um es mal klar zu sagen: Marketingbotschaften liefert ab sofort der Käufer, nicht der Produzent oder dessen Agentur. Um genauer zu sein, braucht man dazu Menschen, die im Netz jeder kennt und liebt.

Und wie kommt man nun zu einer Empfehlung? Typischerweise über die ersten Käufer. Je mehr dein Produkt zu Empfehlungen animiert und je empfehlungsfreudiger die ersten Kunden sind, desto einfacher startet der Prozess.
Dabei wird die Empfehlungsrate (also Anzahl der Käufer, die eine Empfehlung posten) zu einer wichtigen Kennzahl im Marketing und steht zunehmend für den Wert des Produktes generell. Produkte, deren Käufer nicht empfehlungsbereit sind, werden es zunehmend schwer haben, überhaupt verkauft zu werden.
Als etablierter Hersteller im Marketing für Endverbraucher ändert sich damit die Strategie und das Umfeld. Klassische Werbeflächen sind nach wie vor wichtig, um Produkte bekannt zu machen. Als Kaufauslöser sind sie jedoch nicht mehr tauglich. Hier spielen Online-Empfehlungen im Social Media Umfeld eine zentrale Rolle. Was bedeutet das konkret? Hier die vier wichtigsten Tipps und Schritte.

Empfehlungsmarketing Tipp 1: die Community beobachten

Wo wird über deine Produkte geredet? Wer spricht darüber? Was wird geredet? Nutze dazu Tools wie die Blog Suche und Alerts von Google, Bing und Yahoo. Für Profis gibt’s auch kostenpflichtige Monitoring-Programme. Die Vorkommnisse sollte man dann kategorisieren, sonst kannst du mit den Ergebnissen nicht arbeiten. Eine typische Einteilung kann aussehen wie nachfolgend beschrieben:

Zunächst sollten die Einträge danach sortiert werden, wo sie vorkommen. Es ist ein Unterschied, ob man in Facebook-Profilen über ein Produkt berichtet, auf Shoppingseiten oder in Fachforen. Wenn du etwa neue Laufschuhe verkaufen möchtest, hast du in einem Fachforum vermutlich viele erfahrene Läufer. Sie kennen viele Laufschuhe und sind auch geschult, auf typische Schwachstellen von Schuhen zu achten. Du hast also qualifiziertes Feedback bei qualifizierter, eher kleinerer Leserschaft. Ein Review in einem Shoppingportal erreicht dagegen sehr viele potentielle Käufer, die jedoch oftmals nicht geschult sind. Sie erwarten vielleicht weniger eine seitenlange Besprechung des Laufverhaltens, sondern ein kurzes aber ehrliches Statement, das hoffentlich direkt einen Kaufimpuls auslöst.

Das nächste Merkmal eines Reviews ist die Qualität des Autors. Wahrscheinlich wirst du schnell feststellen, dass es etwas völlig anderes ist, wenn in einem Forum ein Meinungsführer etwas sagt, als wenn andere Teilnehmer sich äußern. Wenn du das Glück hast, dass ein Meinungsführer deine Produkte kauft und darüber spricht, dann ist dir hohe Aufmerksamkeit gesichert. So ein Review ist oft mehr wert als hundert andere Einträge. Also solltest du Empfehlungen auch danach einteilen, wer sie macht.

Und natürlich ist der Inhalt der Empfehlung wichtig. Die Gespräche und Reviews muss man sich ernsthaft durchlesen. Sie sollten mit den klassischen Produktbotschaften abgeglichen werden. Stimmen Produktbotschaft und Inhalt von Reviews überein, dann hat man einen Volltreffer und kann sich schon fast entspannt nach hinten lehnen. Fast immer gibt es jedoch Divergenzen. Produktmerkmale wie „hervorragende Passform“ können sich schlagartig in Luft auflösen, dafür aber untergeordnete Eigenschaften wie „Leicht zu reinigen“ ganz nach vorne rutschen. Oft gibt es auch konkrete Verbesserungsvorschläge.

Empfehlungsmarketing Tipp 2: Gespräche und Communities initiieren

Schön, wenn deine Produkte schon überall besprochen werden. Wenn du mit einem Produkt aber neu auf dem Market bist, wie kommst du dann zu deinen ersten Reviews? Der einfachste Weg ist die Platzierung von guten Geschichten rund um dein Produkt. Das kann etwa der erste Halbmarathon mit den neuen Schuhen sein oder schmerzfreies Joggen nach zehn Jahren ärztlicher Behandlung. Solche Geschichten verbreiten sich sehr schnell, wenn sie richtig platziert sind.

Entweder gibt es aus dem Produktumfeld heraus Menschen, die diese Geschichten erleben oder man muss sie von Textern oder auch den Stars der YouTube-Szene professionell produzieren lassen. Die professionelle Produktion entspricht zwar der klassischen Agenturarbeit, ist aber weniger vertrauenswürdig. Hier ist natürlich die gesamte Marketingstrategie wichtig, um einzelne Maßnahmen abzustimmen und schließlich Entscheidungen zu treffen.

Hat man die spannenden Geschichten lanciert, dann werden daraus leider nicht immer Reviews. Das hängt oft nicht an der Qualität der Geschichten, sondern an der Empfehlungsbereitschaft der Klientel. Recht wirkungsvoll können Multiplikatoren und Networker von kleineren Gegenleistungen animiert werden. Das kann etwa ein geschenkter Mitgliedsbetrag für einen Beitrag sei. Es geht dabei nicht um nennenswerte Geldbeträge, sondern um die Anerkennung eines wertvollen Postings.

Sobald die ersten Reviews und Beiträge auftauchen, ist es natürlich die Aufgabe des Marketings, dass diese Beiträge sehr einfach auffindbar werden. Hier gehören Themen wie Search Engine Optimization und Social Media Marketing zum Handwerkszeug dazu.
Wenn du in ganz neue Produktkategorien einsteigst, musst du gelegentlich die komplette Community aufbauen. Das ist dann etwas zeitaufwendiger. Wichtig dabei ist, dass die Unabhängigkeit der Inhalte einer Plattform immer gewährleistet bleiben muss. Sonst hast du erneut das Glaubwürdigkeitsdilemma der klassischen Werbung. Deswegen sollte man den scheinbar einfachen Weg, Reviews zu kaufen, auf jeden Fall vermeiden. Die geschulten Leser erkennen recht schnell, ob die Beiträge authentisch sind, ignorieren sie und werden besonders skeptisch gegenüber allen Beiträgen. Das erzeugt dauerhaften Schaden.

Empfehlungsmarketing Tipp 3: Am Gespräch teilnehmen

Hurra, deine Produkte werden besprochen. Du beobachtest, was im Social Web vor sich geht. Aber dann ist es wie bei jeder öffentlichen Diskussion. Es tauchen Fragen über deine Laufschuhe auf, die keiner beantwortet. Einige Informationen sind völlig falsch. Es gibt Unterstellungen über die Produktion der Schuhe in Thailand. Darfst du dich als Hersteller am Gespräch beteiligen? Unbedingt! Dabei ist die Einhaltung der Netiquette besonders wichtig. Als erstes sollte man sich für jeden Beitrag bedanken. Jemand hat Zeit und Arbeit investiert und schließlich sprichst du direkt mit Kunden. Dann sollte man als Hersteller natürlich sachlich Stellung beziehen, Zertifizierungen und Studien verlinken oder auf Koryphäen und White Papers in dem jeweiligen Gebiet verweisen. Oft hilft auch ein gezielter Link zu Lösungsansätzen oder erklärenden Videos. Dabei sollte man bei der Wahrheit bleiben, authentisch sein. Ansonsten verkommt der Dialog zur Werbeanzeige und das Vertrauen geht verloren. Auf Kritik darfst du nicht mit Abwehr oder gar Drohungen reagieren, sondern solltest mit positiven Kommentaren an der richtigen Stelle ein neues Bild in die Diskussion werfen.

Eine Strategie aus dem klassischen Marketing, das Cross-Selling lässt sich in so einem Umfeld besonders gut umsetzen. Die Devise lautet: „Kunden, die dieses Produkte gekauft haben, haben sich auch interessiert für…“ Erstens ist die Trefferquote beim Cross-Selling im Empfehlungsmarketing sehr hoch und zweitens ist das ein akzeptierter Hinweis bei Verbrauchern. Sie empfinden das gar nicht als Werbung.

Empfehlungsmarketing Tipp 4: Hersteller und Vertrieb vorbereiten

Empfehlungsmarketing ist einer wichtigen Hinsicht nicht anders als klassisches Marketing. Wenn du ein Qualitätsprodukt versprichst, aber dein Kundenservice langsam und schludrig arbeitet, ist so ein Image auch in wenigen Tagen wieder verspielt. Das Empfehlungsmarketing erfordert auf Herstellerseite, dass die Kerninhalte der Reviews beim Kundenservice bekannt sind und der Kundenservice und –verkauf mit Einwand-Strategien vorbereitet wird. Die Verbesserungsvorschläge müssen zügig in das Produktmanagement eingebracht werden und der Kundenservice muss mit aktuellen Produkt-Roadmaps versorgt werden. Oft sind Hersteller oder deren Vertriebsstruktur nicht auf ein agiles und dialogorientiertes Vorgehen eingestellt. Wenn die Kundenzufriedenheit unmittelbar in Kaufimpulse umschlägt, kommt man aber kaum noch um eine angepasste Organisationsstruktur herum. Wenn man online Empfehlungsmarketing einsetzt, kann sich ein Unternehmen weniger hinter Hochglanzbroschüren verstecken.

Irgendwie hört sich das für dich anstrengend an? Empfehlungsmarketing ist nicht anstrengender als andere Marketingstrategien, sondern vor allem anders. So wie sich das Kommunikationsverhalten derzeit entwickelt, ist es allerdings ohne Alternative. Ohne Empfehlungsmarketing kann man in vielen Produktkategorien kaum noch Kaufimpulse auslösen. Marketing mit Empfehlungen ist vor allem deswegen erfolgsversprechend, weil es den Blick auf den Käufer verändert. Der Käufer wird zu einem mündigen Käufer, weil er auch ein potentieller Reviewer ist.

Obwohl man aus Marketingsicht vielleicht die indirekte Steuerung des Prozesses als mangelnde Kontrolle empfindet, wird man im Gegenzug mit einer sehr hohen Loyalität belohnt. Selbst negative Reviews gehen schnell wieder unter, wenn eine loyale Community hinter den Produkten oder dem Unternehmen steht. Oft werden Produktschwächen in der Community aktiv klein geredet, wenn das gesamte Produkt gut ist.

Fazit

Am Empfehlungsmarketing kommst du nicht mehr vorbei. Durch den Vertrauensverlust in klassische Werbebotschaften brauchst du Empfehlungen von anderen Verbrauchern, um Kaufimpulse auszulösen. Um Empfehlungsmarketing professionell zu gestalten, solltest du vier Bereiche aktiv managen: Social Media beobachten, Gespräche über dein Produkt aktiv initiieren, am Gespräch teilnehmen und den Hersteller auf die neue Welt vorbereiten. Weil zwischen Hersteller und Verbraucher endlich direkte Kommunikation stattfindet, macht das ganze eigentlich mehr Spaß. Denn Leben ist Kommunikation und umgekehrt. Auf jeden Fall ist der Empfehlungsmarketing Trend stark im Online Bereich, vor allem in den Sozialen Medien angesiedelt. Daher ist es unumgänglich diese Kanäle als Unternehmen oder Selbständiger zu vernachlässigen.